" Bullcrabs " Axel Naß Ausstellung "Hinter der goldenen Tür"vom 12.2.-20.2.2022


„ BULLCRABS“

 

Im Jahr 2016 erhielt Axel Naß den Auftrag für die pädagogische Abteilung des Museum Kunst Palast in Düsseldorf anlässlich der Jean-Tinguely-Ausstellung 
Malmaschinen zu bauen. Diese sollten für die Kunstvermittlung mit Kindern konzipiert werden.

Bei einem seiner Streifzüge über einen Düsseldorfer Trödelmarkt entdecke er kleine Spielzeughunde. Dieses Spielzeug kann mit Sicherheit als wirklich nicht pädagogisch wertvoll angesehen werden: Es waren mit Kunstpelz überzogene Plastikvierbeiner mit aufleuchtenden Augen und einem kleinen Blasebalg, der quietschige, aufdringliche Geräusche von sich gab. Diese Wesen krabbelten in kleinen kurzen Schritten auf einem Holztablett um Kinder und deren Eltern zum Kauf zu locken.

 

Mit Jean Tinguely und dem Auftrag Malmaschinen herzustellen im Hinterkopf, erstand der Künstler einen der kleinen Krabbler. Da dieses nahezu niedliche Aussehen für den gebotenen Zweck nicht akzeptabel war, wurden sie gehäutet, also der Pelz abgezogen. Ans Licht kamen seidenglänzende schwarzgraue Wesen, die nicht mehr an kleine Hunde erinnerten, sondern eher befremdlich und kühl aussahen. Sie erinnerten eher an Bullen oder Krabben. Somit stand der Name fest: BULLCRABS.

Die Stifte wurden an ihren Beinen befestigt und die Tierchen erfüllten ihren Auftrag ... Viele interessante Bilder entstanden!

Einmal begeistert und inspiriert ließ das Thema den Künstler Axel Naß nicht mehr los. Er experimentierte weiter mit den Bullcrabs und verfeinerte die Mal- und Zeichenbewegungen dieser Malmaschinen, indem er verschiedene Stiftsorten und unterschiedliche Anordnungen an den kleinen Wesen ausprobierte. Später kamen noch andere ursprünglich „Spielzeuge“ unter das Messer.

 

Die Art zu malen wurde immer feiner, steuerbarer und differenzierter. Allen Ergebnissen gemein ist der unverkennbare informelle Geist ihrer Malerei. Im Detail finden sich typografische Elemente oder Formen und Strukturen, die an Landkarten, Schnittmuster oder wohl geformte Geometrie erinnern. Beim genauen Hinsehen gibt es viele Möglichkeiten für Assoziationen. Oft ist die Anordnung der gezeichneten Striche kreisförmig, da die Crabs gerne im Kreis laufen. Einige rasen über das Papier oder stoßen mit anderen zusammen, verhaken sich miteinander und bilden so sehr intensive Farbflächen, weil sie nicht mehr voneinander weg kommen. Manche der neuen Geräte sprechen und fordern die Spielenden auf, mit ihm etwas zu naschen oder zu sagen, dass Krabbeln Spaß macht.

 

Die so entstandenen Zeichnungen sind sicherlich maschinell hergestellt. Sie erinnern aber trotzdem an Werke von Künstlern wie Peter Brüning oder Rolf Cavael. Es zeigt sich eine „Art Informel“, deren Gestik einen maschinellen Hintergrund hat und dennoch von Zufällen und Unvorhersehbarem geprägt ist. Ein performatives Chaos, welches Überraschung und den Zufall zum Prinzip hat. Es ist Actionpainting, bei dem oft die Auswahl und Anordnung der Stifte Einfluss möglich macht.. Genauso bedeutsam ist der Moment, wann man die Bullcrabs vom Blatt nimmt oder ob es Hindernisse gibt, oder wer mit wem, wo aufs Papier soll...

 

Später hat Axel Naß eine Kombination von Holzdruck und Maschinenmalerei genutzt. Dabei sind die auf dem Papier verbliebenen Druckstöcke das geplante Hindernis für die Bullcrabs und gehen so eine Verbindung mit diesen ein. 

Neben all diesen Aspekten und nicht zuletzt, muss hier die Freude und der Spieltrieb bei dieser Art von Aktionskunst erwähnt werden. Es gibt viele Künstler, die Mal - und Zeichenapparate oder gar Roboter herstellen und benutzen. Genannt seien hier die Künstlerin Angela Bulloch und der Künstler Holger Bär. In digitalen Zeiten geschieht dies oft computergesteuert und planmäßig. 

Die Bullcrabs unterscheiden sich von bereits erfundenen Zeichenmaschinen neben ihrer geplanten Unberechenbarkeit durch ihr Erscheinungsbild. Sie sind zwar technische Geräte, haben aber einen scheinbaren Charakter, eine Art Ausstrahlung. Emotionale Reaktionen wie Zuneigung oder Mitleid werden von vielen Betrachtern formuliert.

Die Bullcrabs und ihre Bilder haben viel mit uns Menschen gemein. Sie sind eingeschränkt in ihrer Bewegung und treten oft auf der Stelle. Sie hinterlassen Spuren und ändern bei Konflikten ihr Auftreten. Jeder hat seine eigenen Verhaltensmuster. Manchmal sind die Batterien leer und nichts geht mehr...







 

Eröffnung des Ausstellungsraumes " Hinter der goldenen Tür " mit der Ausstellung " Leid und Wahnsinn " / Axel Naß

"Hinter Der Goldenen Tür" - Raum Für Kunst (Eröffnungsausstellung, "Leid und Wahnsinn")

 

Was mit einer rumpeligen Werkstatt anfing, wurde in einer Hauruck-Aktion aufgeräumt und freigeschafft. Das Ergebnis dieses Ausräumens, Ordnens und Freimachens verbirgt sich nun hinter dieser goldenen Tür. Die Farbe der Tür wurde hierbei natürlich nicht dem Zufall überlassen – Sie ist die Schwelle vom Alltäglichen zu etwas Besonderem und Erheblichem. Denn was sie verbirgt ist unterm Strich vor allem eins: Kunst. 

Der bildende Künstler (Axel Naß) hat sich mit diesen Räumlichkeiten den Wunsch nach einem eigenen Ausstellungsraum/ einer eigenen Galerie erfüllt und bietet gleichzeitig die Perspektive, in Zukunft auch andere Künstler hier zu beherbergen.

 Axel Naß eröffnet den "Raum für Kunst" mit seiner Ausstellung "Leid und Wahnsinn". In 21 Werken, werden die Besucher*innen durch die menschlichen Abgründe und das Leid, das sich aus der Situation Geflüchteter auftut, geführt. Auf eine einzige Technik wollte der Künstler sich bei der Auswahl seiner Werke auf keinen Fall beschränken. Die Werke stammen aus seinem Fundus und umfassen sowohl verschiedene Drucktechniken und Collagen, als auch Videos und Installationen. Der rote Faden umfasst hierbei also die thematische Orientierung an der Flüchtlingsproblematik, die ihn schon lange sehr beschäftigt. 

 Das mal mehr und mal weniger unmittelbar erfahrbare Leid der Menschen, macht deutlich, dass wir in einer Zeit leben, in der das heimelige Gefühl der Gewohnheit zunehmend durch die lähmende Kraft des Umbruchs verdrängt wird. 

Der erste Teil der Ausstellung (Leid) befasst sich mit der Lebenssituation geflüchteter Menschen und dem anteiligen Versagen und Wegsehen der westlichen Welt. Die Frage nach dem "Wohin", die für immer mehr Menschen zum Lebensalltag gehört, wird maßgeblich von denen diskutiert, die den größten Anteil an den katastrophalen Lebensumständen dieser haben. Diese dystopische Gesellschaftsordnung, die für viele von uns schlicht ein literarisches Konzept bleibt, steht für Geflüchtete und Vertriebene im Zentrum ihres Daseins. 

Was viele in unserer westlichen Lebensrealität als einzige Möglichkeit wahrnehmen, ist das Wegsehen.

Wie dann der zweite Teil der Ausstellung (Wahnsinn) zeigt, gehen Leid und Wahnsinn häufig Hand in Hand. Behalten wir das Leiden der unzähligen Menschen im Hinterkopf, so kann uns der mitunter menschenunwürdige Umgang  mit ihnen als purer Wahnsinn vorkommen. Während es Menschen gibt, für die es tatsächlicher Alltag ist um ihr Leben fürchten zu müssen, gejagt und verfolgt zu werden, stellen wir uns hier die Frage, ob unserem Hund ein neuer Haarschnitt gut tun würde. Während die Wegsehenden sich erhoffen, dass sich die zahlreichen Konflikte in Wohlgefallen auflösen, so ist es am Ende vielleicht doch das Tier in uns allen, dass genau diese Auflösung zu verhindern weiß. 

Das Thema, das der Künstler/Axel Naßsich als Gegenstand seiner Eröffnungsausstellung ausgesucht hat, ist kein einfaches; doch wie schon Goethe sagte: "Die Kunst ist eine Vermittlerin des Unaussprechlichen" - und so viel steht fest: vieles von dem was rund um die Flüchtlingsthematik passiert ist eigentlich unaussprechlich. 

 

Nadine Schulten 10/21

 

 






 

Der Drachenkopfbaum, kinetisches Objekt 2021